Für das erste MAISL (Modernes Abendgebet im Scheinwerferlicht) nach der Corona-Pause hat Pfarrer Josef Hausner das Thema “Demo” gewählt. In bewährter Weise prägten moderne Lieder und Gebete ebenso wie die durch farbige Scheinwerfer erzeugte Atmosphäre den Abend. Passend zum Thema war die Otteringer Pfarrkirche ausgestattet mit Plakaten und Transparenten, die mehr oder weniger extreme christliche Slogans verkündeten – eine deutliche Persiflage auf Sprüche, wie man sie auf den sogenannten “Hygiene-Demos” in den letzten Wochen öfter gesehen und gehört hat.
Doch das Thema ist komplizierter als ein paar reißerische Sprüche: Was ist denn eigentlich Freiheit? Und was ist Glaubensfreiheit? Sicher gibt es Länder auf der Welt, in denen Menschen ihren Glauben nicht frei ausleben können. Doch wir hier in Deutschland können uns darüber wohl kaum beklagen, auch wenn wir zur Zeit mit Mundschutz in den Gottesdienst gehen. Unsere Vernunft und Rücksichtnahme auf die Mitmenschen gebietet dies einfach. So betonte auch Pfarrer Hausner, dass er persönlich nicht glaube, dass wir in den vergangenen Wochen unsere Freiheit verloren haben. Im Gegenteil: vielleicht seien viele von uns auch freier geworden, befreit von Zwängen, von der Hektik der massenhaften Feierlichkeiten, von Events und Veranstaltungen und blindem Aktionismus.
Trotzdem haben Christen Grund dazu, auf die Straße zu gehen. Im Katholizismus gibt es sogar ein eigenes Fest, bei dem der Glaube “draußen” demonstriert wird: das Hochfest Fronleichnam. Auch wenn sie dieses Jahr in der traditionellen Form bei uns nicht stattfinden können, haben Fronleichnamsprozessionen doch alle Eigenschaften, die man von Demos kennt: Menschen ziehen durch die Straßen, lassen Sprechchöre erklingen, tragen Fahnen. Am Ende gibt es sogar eine Abschlusskundgebung, nämlich eine heilige Messe. Menschen verlassen also ihre Häuser um öffentlich deutlich zu machen, was sie bewegt. Sie zeigen, was ihnen wichtig und wertvoll ist: das Leben, das wir in Jesus Christus finden, das Leben, das er uns geschenkt hat.
Das ist ein großer Unterschied zu herkömmlichen Demos: bei der Fronleichnamsprozession geht es nicht gegen etwas, sondern dafür: für Leben, für Menschlichkeit, für Liebe. Es wird nicht geschrien oder gar gepöbelt, sondern gemeinsam gebetet. Im gemeinsamen Gebet entsteht Nähe zwischen den Menschen, es bietet Geborgenheit und rückt uns alle zusammen näher zu Gott.
Nach seiner Ansprache holte Pfarrer Hausner das Allerheiligste aus dem Tabernakel und die anwesenden Gläubigen konnten Jesus im Brot des Lebens anbeten und sich von seiner Liebe berühren lassen. Mit dem eucharistischen Segen und einem Abschlusslied endete das MAISL.
Am Ende des Gottesdienstes bekamen alle Teilnehmer ein leeres Plakat geschenkt. Pfarrer Hausner ermutigte die Gläubigen, damit ein christliches Demonstrationsplakat zu gestalten und an Fronleichnam in den Garten zu stellen. Als kleinen Tipp für den Inhalt des Plakats gab Pfarrer Hausner ihnen eine Weisheit des griechischen Philosophen Sokrates mit auf den Weg: “Prüfe, ob deine Aussage wahr ist, ob sie gut ist, und ob sie notwendig ist. Ist sie weder wahr noch gut noch notwendig, so lass es begraben sein und belaste weder dich noch mich damit.”