Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen bereits die diesjährige „Installation“ anlässlich der Feier der Firmung in der Pfarrkirche zu Ottering gesehen und unter Umständen sogar eingehender betrachtet. Da hängen ca. 500, von unseren Firmkindern und Helfern gefaltete Origami-Tauben von einem goldenen Reifen im Netzrippengewölbe des Chores in den Altarraum hinab; oder anders gesagt: sie scheinen vom Himmel zu uns Menschen auf die Erde zu schweben. Der Hintergrund für dieses Kunstwerk ist ein Satz aus dem Lukasevangelium, in dem es – gemäß den griechischen Urtexten – heißt: der Heilige Geist sei „wie eine Taube“ bei der Taufe Jesu im Jordan „vom Himmel herabsteigend“ sichtbar geworden (vgl. Lk 3,22). Hierbei ist das kleine Wörtchen „wie“ von entscheidender Bedeutung: wenn man nach der Einheitsübersetzung geht, dann wird der Heilige Geist stets als Taube bezeichnet, die vom Himmel herabkommt. Allerdings hat das „Herabkommen des Heiligen Geistes in Gestalt der Taube“ einen aggressiven Beigeschmack: man stelle sich nur einen Vogel vor, der direkt, ungebremst auf einen zufliegt. Hält man sich allerdings an den griechischen Originaltext, dann erscheint die Herabkunft des Heiligen Geistes plötzlich in einem ganz neuen Licht: wenn es heißt, dass der Geist Gottes „wie“ eine Taube vom Himmel kommt, dann kommt er leicht, anmutig, sanft, ja beinahe unmerklich unter die Menschen; und genau das ist es, was Gott ausmacht: er zeigt sich den Menschen vorsichtig, leise, ja unendlich sanft; dabei ist z.B. an den Propheten Elija zu denken, dem Gott nicht im Sturm, nicht im Beben der Erde, nicht im Feuer erscheint, sondern in einem „sanften Säuseln“. Gott, der ja die absolute, die reine
Liebe ist, kommt zu uns – jedoch nicht laut, sondern vorsichtig, leicht, beschwingt – ähnlich dem sanften Flügelschlag einer Taube, den man oft nur durch einen leichten Hauch bemerkt; Gott schenkt uns Menschen seine Liebe, ja, er erfüllt uns mit ihr, wenn wie uns dafür öffnen – aber nicht aggressiv, fordernd oder gar vereinnahmend, sondern beinahe unmerklich und unerhört sanft – eben gleichsam eines kleinen, kaum wahrzunehmenden Windhauchs. Und ist dies nicht auch das Wesen der wahren Liebe, die Menschen einander schenken?
Wenn Sie, liebe Mitchristen, in der nächsten Zeit auf die vielen Tauben blicken, dann seien Sie offen für die leichte Bewegung, die diese Tauben umspielt und vielleicht spüren Sie dadurch auch die Liebe, die Gott uns – beinahe unmerklich und doch oft so intensiv spürbar – ähnlich einem leichten Windhauch an einem Sommertag, schenkt.
Und genau das ist es, was wir unseren Firmkindern von Herzen wünschen:
Möge ihr Leben von der Liebe Gottes erfüllt sein; und vor allem: mögen sie dies auch im Herzen spüren: dass Gottes Liebe ihre Herzen berührt und immer wieder streift – ähnlich dem zarten Flügelschlag einer Taube. Mögen sie spüren, dass ihr ganzes Leben von der sanften und doch umfassenden Liebe Gottes getragen ist.
Nina Fuchs, Pastoralreferentin
Mitgearbeitet haben an dem Kunstwerk: Nina Fuchs, Stefan Altschäffel, Astrid Obermeier, Sabine Simeth, Elfriede Fischer, Petra Lutz, Marianne Keimig, Gabriele Schaffner mit Familie sowie die Firmkinder, die jeweils eine Taube gefaltet haben.